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Georg Hartl liest "Daheim in Essling"

26.08.2021

Daheim in Essling!

Ein gemütlicher Spaziergang durch Essling, meine Heimat seit über dreißig Jahren: Assoziationen, historische Reminiszenzen und Gedanken zur Neugestaltung. Mein Weg beginnt in der Nähe der Volksschule, wo duftend blühende Bäume mich einnehmen.

Es ist ein schönes Stück Land, gelegen in einer fruchtbaren Ebene, dem Marchfeld. Vor vielen Jahrzehnten herrschte bis in die kleinsten Dörfer hinein kaiserliche Herrschaft. In unserem Dorf am Rande des Auwaldes hatte die Herrschaft eine eigene „Herberge,“ das Schloss Essling. Es steht heute noch. Hier hat selbst die Kaiserin übernachtet, wenn sie zur Jagd in die Au ritt.

Ein weiteres Bauwerk, das an historische Größe gemahnt, ist der Schüttkasten. Erbaut in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, erinnert die Anlage an die große Zeit der Landwirtschaft in dieser Gegend, als man solch große Getreidespeicher brauchte, um die Ernte aufzuschütten. Eine der bedeutendsten Erinnerungen zur Geschichte des Schüttkastens führt zu den napoleonischen Kriegen. Die Franzosen besetzten den Schüttkasten und waren fast nicht mehr heraus zu bekommen. Heute beherbergt einer von seinen Räumen tausende Zinnsoldaten, mit denen die Schlacht von 1809 nachgestellt wird. Ob dies im Sinne zeitgemäßer Museumspädagogik hilfreich ist, darf man hinterfragen. So eine Schlacht war kein edles Kämpfen in schönen Uniformen und geordneten Schlachtreihen. Es war ein riesiges Gemetzel, in dem Menschen aufs Qualvollste zu Tode gebracht wurden und viele ohne Hilfe im Morast dahinstarben. Danach lagen haufenweise Leichen am Feld.

Am nahen Schloss Essling befindet sich eine kleine steinerne Gedenktafel mit der Aufschrift „Zum Gedenken an alle Soldaten, die hier am 21. und 22. Mai 1809 bei der Schlacht von Aspern-Essling gefallen sind. Für den Frieden und die Freundschaft zwischen den Völkern. - Fondation Napoleon Paris 2009.“ Der gleiche Text findet sich auch auf Französisch. Ich frage mich, wie das gemeint ist mit Frieden und Freundschaft zwischen den Völkern; Meinen die Franzosen, Napoleon hätte uns Frieden gebracht und die Freundschaft der Völker gefördert? Von diesen Schlachten konnten wohl keine positiven Gefühle ausgehen. Um die Geschichte zu verstehen, aufzuarbeiten und darauf ein „Ja, trotz allem“ zu sagen, auf dem eine neue Freundschaft gründen kann, fehlen die notwendigen Hinweise und Anregungen.

Mein Spazierweg führt mich weiter zum Jazzpark mit Kulturstadel und zum Kriegerdenkmal für all jene, die in den beiden Weltkriegen ihr Leben lassen mussten. Außer den Namen der Gefallenen und den Jahreszahlen gibt es dort keine Inschrift. Wie finden wir zu einer adäquaten, zeitgerechten Gedenkkultur? Schloss, Schüttkasten und Kriegerdenkmal sind Orte, deren Bedeutung neu überdacht werden sollte. Sie gehören als Zeugen der Vergangenheit neu bewertet. Aus den Inschriften soll klar hervorgehen, was geschehen ist: Die größten Verbrechen, die eine Herrschaft einem Land und seinen Bürgern antun kann: Kriege. Daran gibt es nichts zu verherrlichen, nicht aus der Position von Siegern und nicht aus der von Besiegten. In diesen Schlachten sind tausende Menschen qualvoll umgekommen. Frauen, Kinder und Alte haben in der Heimat Not gelitten und die Schrecken des Krieges mitgetragen. Das soll für Junge wie Alte klar ausgesagt werden: eine Mahnung für heute, wachsam zu sein, und alle Entwicklungen und Aussagen gegen Demokratie, und Menschenrechte, in ihrer Gefährlichkeit zu entlarven und dagegen aufzutreten: „Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Warnung.“

Im Jazzpark, neben dem Kulturstadel und hinter dem Kriegerdenkmal befindet sich der „Generationen Aktivpark,“ eine nette Aneinanderreihung von Fitnessgeräten, Sitzgelegenheiten sowie Tafeln für Informationen und Quizfragen Warum aber ist halb verfaultes Laub in den Rinnen des Kugelspiels und manche Geräte knarren? Sie werden kaum benutzt. Die Anlage ist hinter Büschen so gut versteckt, dass man sie kaum wahrnehmen kann, weder aus der Richtung vom Kulturstadel noch von der Seite des Kriegerdenkmals her.

Schließlich biege ich wieder in die Esslinger Hauptstraße ein, um das Zentrum des Bezirksteiles auf mich wirken zu lassen. Essling war ja früher ein einfaches niederösterreichisches Straßendorf. Und heute? Die älteren Gebäude wie Schloss, Pfarrzentrum und Kirche sind farblich durchaus erfrischend. Einige neuere Bauten, besonders Apotheke und anschließende Wohnbauten aber wecken in mir das Gefühl, man hätte einen Wettbewerb im Anstreichen von Häusern veranstaltet nach dem Motto, „grau, grauer, am grauesten.“ Essling hätte den ersten Preis bekommen.

Wo aber ist dann Esslings „City Center?“ Wo ist eine gemütliche Atmosphäre, in der sich Menschen gern aufhalten und miteinander plaudern? Es gibt zwar einen kleinen Platz vor der Kirche, samt Schanigarten, mächtigen Kastanienbäumen und parkenden Autos. Als eigentliches Zentrum aber erscheint mir die Hauptstraße, an der manche Kaffeehäuser bereits Versuche mit Schanigärten gemacht haben. Nur ist in dieser Verkehrshölle kein Platz zum Verweilen, selbst wenn man es möchte. Der Verkehrslärm ist zu stark, miteinander sprechen ist kaum möglich. Die vielen Abgase machen die Luft nicht gerade würzig. Wann wird endlich Abhilfe geschaffen? Viele, die durch die Hauptstraße gehen klagen über diese Belastung. Viele meinen, dagegen könne man nichts machen. Viele glauben gar daran, dass der Verkehr weniger würde, wenn man am Stadtrand eine Autobahn und unter der Lobau einen Tunnel baut. So gaukeln es ihnen ja verantwortungslose Politiker vor. Falls man den Lobautunnel baut, wird die Enttäuschung bald folgen. Statt der derzeitigen zwanzig tausend Autos pro Tag werden wir dann nämlich 25000 haben. So sehen zumindest die Berechnungen jenes Unternehmens aus, das den Tunnel bauen will. Dabei gäbe es praktikable Lösungen der Verkehrsproblematik: etwa eine Straßenbahn von Aspern nach Groß-Enzersdorf, die so flott fährt, dass die niederösterreichischen Pendler gerne umsteigen auf die Bim.

Essling ist ein Stadtteil großen Wachstums durch Zuwanderung. Auf Schritt und Tritt stehen neben älteren Häusern neue und man sieht zahlreiche Baustellen. Neuer Wohnraum und viele zusätzliche Arbeitsplätze werden gebraucht. Deshalb hat man tüchtig Häuser mit vielen Wohnungen gebaut. Ein Leben in Wohlstand ist möglich für alle. Mittlerweile leben so viele Leute in Essling, dass es eng ist in den Straßen. Vor vielen Jahren, als Autos noch so teuer waren, dass sich nicht jeder eines leisten konnte, fuhren die Leute brav in der Straßenbahn oder im Autobus. Dann kam eine Zeit, da sich die meisten ein Auto leisten konnten oder es brauchten, um von ihrer Wohnung zum Arbeitsplatz, zur Schule, zum Theater oder sonst wo hin zu kommen. Ein großes Problem wurde sichtbar: Die vielen Autos verstopfen die Straßen, sodass kein Weiterkommen mehr möglich ist. Die Suche nach umweltverträglichen Lösungen ist eine der großen Herausforderungen für die Gestaltung unseres Lebensraumes. Ich träume von einer Esslinger Hauptstraße samt angrenzenden Plätzen, wo man unter Bäumen flanieren oder gemütlich im Schanigarten plaudern kann.

 

Georg Hartl will aus der Vergangenheit lernen und Zukunft gestalten, auch für Kinder, Enkel und weitere Generationen.

 

Georg Hartl


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