
Essling und seine Straßennamen
Ein Beitrag von Gertie Gold.
Rund um das Fest der Fertigstellung des Platzes vor der Esslinger Kirche, Fredis Café und dem Gemeindebau ist ja der Wunsch aufgetaucht, diesem Platz einen Namen zu geben. Nun, dafür gibt es in Wien ganz konkrete Regeln, die mitunter auch ziemlich kompliziert sein können, denn nur als Verkehrsfläche gewidmete Grundstücke erhalten eine amtliche Straßenbezeichnung.
In Wien sind (Stichtag 1.9.2025) 6.907 Verkehrsflächen erfasst. 4.563 beziehen sich auf Personen, wovon 4.057 Namen an Männer und 569 (14%) an Frauen vergeben sind. Und nein, hier versteckt sich kein Rechenfehler. Es gibt einige Straßen wie zum Beispiel den Schlesingerplatz in der Josefstadt, der sowohl nach einem Mann als auch nach einer Frau benannt ist. Die Tendenz bei der Benennung von unbenannten Verkehrsflächen und bei Umbenennungen geht in Richtung Personennamen, wobei versucht wird, immer mehr Straßen nach Frauen zu bezeichnen.
Auf Essling heruntergebrochen sehen die Zahlen wie folgt aus (Stand 2012):
157 Straßennamen (gesamt)
108 nach Personen davon
102 nach Männern
6,5 nach Frauen *) Die Lösung dieses Rätsels wird am 8. März 2026 bekannt gegeben.
Jetzt wird es ein wenig bürokratisch ....
Zuständig für eine Benennung ist der jeweilige Bezirk in dem die (noch) unbenannte Verkehrsfläche liegt. Dort wird zunächst der Antrag auf Namensgebung eingereicht. Anschließend befasst sich die Kulturkommission des Bezirks bzw. die MA-07 mit den Vorschlägen. Bei der Benennung wird neben den unten stehenden Kriterien auch auf einen Bezug des Namens zum Bezirk wert gelegt.
Benennungskriterien:
Hier ein (kleiner) Auszug aus den Richtlinien, nach denen in Wien Verkehrsflächen benannt werden:
„In Wien entstehen besonders im Zuge großer Bauprojekte neue Verkehrsflächen, für die passende Namen gefunden werden müssen. Eine Umbenennung von bereits bestehenden Verkehrsflächen ist selten, aber möglich. Die Benennung nach einer lebenden Person ist nicht gestattet. Sie ist frühestens ein Jahr nach deren Ableben möglich (Interkalarfrist).“
„Nach der Einleitung des Prüfverfahrens durch die Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) erfolgt eine Vorberatung in dem eigens vom Wiener Gemeinderat eingesetzten Unterausschuss für Verkehrsflächenbenennungen. Die endgültige Entscheidung erfolgt im Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft.“
Wiens Straßennamen sind, wie bereits erwähnt, deutlich personenorientiert. So gibt es über 300, nach bekannten oder populären Musikern benannte Verkehrsflächen. Begriffe und Experten der Bereiche Medizin, Architektur, Wissenschaft und Technik prägen ebenfalls eine Vielzahl von Straßennamen. Man findet die verschiedensten Kriege in den Straßenbezeichnungen wieder. Eine Reihe von Verkehrsflächen wurden in den Kriegs-, Zwischenkriegs- und Nachkriegsjahren mehrfach rück- und umbenannt. Einige Viertel Wiens, vor allem jene in Stadtentwicklungsgebieten erhalten neuerdings Namen nach Themenbereichen. So gibt es z.B. ein Planeten-, Blumen- und Edelsteinviertel. Im Stadtentwicklungsgebiet Seestadt-Aspern ist die überwiegende Anzahl der Straßen nach Frauen benannt.
Wieder auf Essling heruntergebrochen gibt es Verkehrsflächen die nach Gruppen benannt sind:
Nicht so bekannt dürfte allerdings sein, dass zahlreiche Straßen und Gassen, unabhängig von politischen Machtverhältnissen, schon früher umbenannt worden sind. Im Jahr 1955 setzte ein regelrechter Boom ein, Straßen umzubenennen. Hier seien beispielshaft angeführt:
Die Frage nach dem WARUM kann damit beantwortet werden, dass es im 4. Bezirk bereits seit 1862 eine Mozartgasse, im 4./5. Bezirk eine Ziegelofengasse und im 8. Bezirk eine Lenaugasse gegeben hat und eine Doppelbezeichnung vermieden werden musste. Da haben die bereits vorhandenen Straßennamen wohl Vorrang gegenüber den Neuzugängen.
Das Jahr 1955 ist aber auch jenes Jahr, in dem einige Straßen, nach Personen benannt worden sind, die auf Grund ihrer Tätigkeit für das NS-Unrechtsregime heute als belastet gelten. Hierzu hat Evi Flehschurz schon einen Beitrag verfasst - hier nachzulesen.
Im Auftrag der Stadt Wien wurden ab 2011 alle Verkehrsflächen systematisch auf ihren historischen Hintergrund geprüft. Das Ergebnis wurde von der Historikerkommission unter Leitung von Univ. ‐ Prof. DDr. Oliver Rathkolb im Juli 2013 veröffentlicht. Im Zuge der Recherchen wurde festgestellt, dass 159 der ca. 6.600 Verkehrsflächen als historisch-kritisch einzustufen sind. Als Folge der Bekanntgabe brachte die Stadtregierung bei einigen Straßennamen Zusatztafeln an (siehe Kloepfergasse in Essling).
Kann man denn diese Straßen nicht neu benennen? Ja, man könnte - allerdings müsste die Stadt Wien ALLE den Anwohnern daraus entstehenden Kosten wie Ummeldungen, Neudruck von Visitenkarten oder Eintragungen in diverse Register wie Grundbuch oder Handelsregister übernehmen. Daher wird das nur in Ausnahmefällen wie beim Dr.-Karl-Lueger-Ring, der bereits 2012, also vor der endgültigen Veröffentlichung des Berichtes umbenannt wurde und nun Universitätsring heißt, gemacht.
Ein Ausflug in die Geschichte der Straßennamen folgt ....
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